„Die Positivität des Könnens ist viel effizienter als die Negativität des Sollens.“ formuliert Byung-Chul. Und weiter: „Die Gesellschaft des 21. Jahrhundert ist nicht mehr die Disziplinargesellschaft, sondern eine Leistungsgesellschaft.“
Wie sieht die Situation in unseren Unternehmen aus? An welchen Stellen sind diese Formulierungen in deutschen Firmen überhaupt sichtbar und welche Konsequenz hat dies für den Unternehmensalltag? Es klingt so positiv – aber ist es auch wirklich positiv?
Der Alltag zeigt, …
In vielen erfolgreichen Unternehmen werden die Dauerschlaglöcher im Führungsbereich nicht durch mangelnden Leistungswillen der Führungskräfte oder fehlende Fachkompetenz verursacht. Die Quellen der Störungen finden sich einerseits in einer massiven Selbstausbeutung der Führungskräfte und andererseits in einer starken Führungs- und Arbeitsbelastung.
Wenn erfolgreiche Führungskräfte es gut gelaunt als positive Entwicklung formulieren: „Ich habe es diese Woche geschafft, zweimal mit meinen Kindern zu Abend zu essen“ – wobei in diesem Unternehmen die ersten Meetings bereits um 8:00 Uhr angesetzt sind – kann dieses als ein Beleg dafür angesehen werden.
… Motivation und …
Aber genau diese geschilderte Situation zeigt die Gefahren. Byung-Chul beschreibt dies wie folgt: „Der Exzess der Arbeit und Leistung verschärft sich zu einer Selbstausbeutung. Diese ist effizienter als die Fremdausbeutung, denn sie geht mit dem Gefühl der Freiheit einher.“
Führungskräfte gehen mit diesem selbstbestimmten Gefühl der Gestaltungsmöglichkeit ihres Arbeitsalltags im Arbeitsalltag ständig bis an den Rand und teilweise aus lauter Freude auch über ihre Leistungsfähigkeit hinaus. Sie tun dieses zu Lasten ihrer zukünftigen Leistungsfähigkeit und häufig auch zu Lasten der Qualität ihrer aktuellen Arbeit.
Der Weg dorthin führt über die von Mihaly Csikszentmihalyi beschriebene Motivationslage „Flow“. Das Flow-Modell beschreibt den Zusammenhang zwischen der zu lösenden Aufgabe und der eigenen Kompetenz eines Menschen. Bewegt sich ein Mensch in einem Kanal, in dem sich Kompetenz und zu lösende Aufgabe in etwa entsprechen, vergisst er die Zeit und empfindet Freude bei der Arbeit, er befindet sich im Flow. Sowohl eine Kompetenzüberforderung als auch eine -unterforderung führen zu Stress durch entweder mangelhafte Kompetenz oder Langeweile. Bei einer dauerhaften Arbeitsüberlastung im Flow besteht die Gefahr eines Leistungskollaps, den die Führungskräfte aufgrund des hohen Spaßfaktors selbst nicht bemerken.
… erfolgreiche Leistung …
Die dauerhafte Arbeitsbelastung wird oft durch den zweiten Aspekt, die organisatorischen Umbauten, verursacht. An dieser Stelle ist besonders die Geschäftsführung gefordert. Eine Kostenorientierung des Management mündet durch den Wegfall einzelner Führungsebenen in teilweise zweistelligen Führungsspannen. Um den Erfolg auch strategisch langfristig zu sichern, ist die Geschäftsführung gefordert, die Führungsspannen wieder effizient und effektiv zu gestalten.
Große Führungsspannen verursachen beispielsweise einen erheblichen Kommunikationsaufwand. Jeder zusätzliche Mitarbeiter wirkt nicht nur additiv, sondern vervielfacht das Informationsaufkommen eines Teams und verlangsamt so die Fahrt des Unternehmens. Die Steuerung und die Fehlerkorrekturen können nur noch verzögert stattfinden. Freiräume für Kreativität gibt es nicht mehr.
… sind eine Konservierungsaufgabe
Diese Fehlentwicklungen im Organigramm müssen korrigiert werden! Gerade vor dem Hintergrund abnehmender Geburtenraten und großem Führungskräftemangel sollte die hohe Qualität konserviert und die Führungskräfte nicht ausgebeutet werden.
Zurück zum ersten Gedanken, der Selbstausbeutung: Ein interessantes Führungsinstrument bleibt bei der beschriebenen Situation im Bereich oberer Führungsebenen auf der Strecke: Der Waldspaziergang! Die Führungsebenen, welchen strategische und operative Entscheidungen obliegen, benötigen einen Freiraum für reflexive und konstruktive Denkphasen.
Ein Waldspaziergang erlaubt das Verlassen eingefahrener Wege. Erst durch den Einsatz des freien Denkens werden strategische Gedankenspiele, das Durchdenken innovativer Ideen und die Prüfung laufender Prozesse möglich. Der Einsatz des Waldspaziergangs eröffnet Sichtweisen ein Unternehmen dadurch schneller zu machen, dass beispielsweise neue Kommunikationswege strukturiert werden und dadurch auch der Bereich der Fehleranalyse optimiert wird.
Zusammenfassend bleibt festzuhalten:
Die Schaffung überschaubarer Führungsspannen führt zu einer einfacheren und schnelleren Steuerung der Abteilungen. Die Führungsarbeit wird schlicht einfacher und erfordert weniger Selbstausbeutung.
Der Wald eröffnet Raum und Zeit um einerseits die hohe Leistungsfähigkeit und –bereitschaft der Führungskräfte nachhaltig zu erhalten.
Führungskräfte können im Flow dauerhaft hohe Leistungsgrade erreichen, da sie Zeit zu freiem Denken haben. Andererseits begrenzt der Waldspaziergang die Freiheit der Leistungsgesellschaft im Sinne des Unternehmens sinnvoll. Diese kreativen Erholungsphasen erhalten das hohe Leistungspotenzial im Unternehmen.